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Die Aufgaben als «Agile Leader»

By Agnes Szeberenyi

Der «War for Talents» bezeichnet den Kampf beziehungsweise den steigenden Konkurrenzdruck von Unternehmen um qualifizierte Mitarbeitende. Einer der Hauptgründe dafür ist der zunehmende Wettbewerb, der sich mehr und mehr auch auf eine globale Ebene erstreckt. In der heutigen Zeit müssen nicht mehr nur lokale Unternehmen als Konkurrenten betrachtet werden. Je länger, je mehr sind auch standortunabhängig international tätige Unternehmen involviert. Somit steigen die Anforderungen an Arbeitgeber und damit auch an Führungskräfte; Kompetenzen und Fähigkeiten der Angestellten müssen stetig weiterentwickelt werden, um die gewonnenen Talente halten zu können. Genau über diese Herausforderungen haben wir mit Adrian Zwingli, Chairman des Agile Leadership Day & Business Agility Day, gesprochen.

Welchen Herausforderungen müssen sich «Agile Leader» stellen?

Führungspersonen in Agilen Organisationen haben vielfältige Aufgaben. Sie sind in der Verantwortung für die Leitung des Tagesgeschäfts, befassen sich mit der Zukunftsgestaltung und der mit der Transformation der Organisation. Hinzu kommt die Herausforderung, die richtigen Talente zu finden, welche in die Firmenkultur passen und die richtigen Fähigkeiten mitbringen und diese anschliessend im Unternehmen halten zu können. 

Was können Unternehmen tun, um solche Talente anzuziehen?

Es gibt sehr gute Beispiele von Employer-Branding-Kampagnen; die Unternehmen verkaufen sich den Bewerbern als passende, attraktive und moderne Arbeitgeber. Alle wollen die besten digitale Talente in das Unternehmen locken.

Aber diese Frage soll sich nicht nur das Recruiting Team stellen. Klar müssen die «richtigen» Leute erst einmal eingestellt werden. Um diese dann aber auch in der Firma zu halten, müssen Angestellte gefördert und weiterentwickelt werden. Weiter ist das Pflegen einer guten Beziehung zu ihnen wichtig. Dies ist unter anderem auch die Aufgabe einer Führungsperson. In der Realität wird mit den gewonnenen «High-Talents» dann jedoch interessanterweise genauso umgegangen wie noch vor 20 Jahren.

Was heisst das konkret?

Wir organisieren gerade eine Doppelkonferenz zum Thema DevOps und Testing für Software Engineers und Leute aus dem Testing-Bereich. Wenn man bei diesen Leuten nachfragt, ob Sie an der Konferenz teilnehmen, kommt oft die Antwort: «Mein Chef lässt mich nicht teilnehmen, da wir keine Zeit zum Lernen haben» oder «Das Tagesgeschäft lässt keinen Raum für Weiterentwicklung». Dies ist doch sehr erstaunlich, wenn man bedenkt, welches Bild diese Unternehmen nach aussen tragen. Zudem ist es verheerend; Mitarbeitende wollen fit für den Job und die Zukunft sein.

Ist also Zeit der entscheidende Faktor? Oder kann es auch Budgetgründe haben?

Genannt wird tatsächlich beides. Viele Firmen sagen, sie hätten kein Budget, um ihre Angestellten an Konferenzen oder an Weiterbildungen zu teilnehmen zu lassen. Diese Tatsache hat sich über die letzten zwei Jahre weiter verschärft. Dieselben Firmen beschweren sich auf der anderen Seite aber auch, dass sie die gewonnenen Talente kaum halten können.

Wenn man schon viel Geld in das Employer-Branding und die Rekrutierung der Talente investiert, sollte man auch daran arbeiten, diese zu halten. Schlussendlich ist es viel teurer, Talente weiterziehen zu lassen, als die notwendigen Weiterbildungen zu ermöglichen. Auch wenn das Budget knapp ist, findet eine gute Führungskraft einen Weg, um für seine Angestellten die notwendigen Schritte für eine Weiterentwicklung in die Wege zu leiten.

Das Angebot an E-Learnings und internen Weiterbildungsmöglichkeiten ist enorm. Sind «teure» externe Kurse oder Konferenzteilnahmen überhaupt noch nötig?

LinkedIn Kurse oder Coursera Lizenzen sind nicht die Art von Weiterbildung und Wissenserweiterung, welche High-Talents suchen. Solche Kurse können eine Basis für den Wissensaufbau bilden. Sie bieten aber nicht die Möglichkeit zum Austausch mit Kolleginnen und Kollegen aus ähnlichen Bereichen. Das Netzwerk, die Inspiration und den Drive kann nur der persönliche Austausch hervorbringen. Zudem können die Erkenntnisse der genannten Beispiele anderer Unternehmen direkt im Alltag anwenden. Konferenzen erweitern somit den Lösungshorizont und erhöhen die Umsetzungsstärke.

Was machst du, um deine Fähigkeiten weiterzuentwickeln? 

Lernen bedeutet für mich, sich selbst weiterzuentwickeln. Dies geschieht auf verschiedenen Ebenen: z. B. durch tägliche Retros, eine saubere Tagesplanung, bei welcher klare Ziele gesetzt und Verbesserungspotenzial eruiert wird, oder durch Executive Education. Oft ist es sehr herausfordernd, die Zeit dazu zu finden. Wenn man diese aber investiert, kann im Alltag sehr viel Aufwand gespart werden, die sonst mit Problemlösung verbracht wird.

Weiter ist es wichtig, die richtige Fernsicht zu haben. Zu wissen, was in naher-, mittel- und langfristiger Zukunft auf unser Unternehmen zukommen wird. Wie drücken Einflussfaktoren auf unsere Organisation und wie kann ich als Führungskraft die Organisation und Mitarbeitende befähigen, mit diesen Einflussfaktoren umzugehen? Wenn man nur Antworten aus Erkenntnissen der Vergangenheit nutzt, wird man langsam sein. Gute Talente wollen Fernsicht und nicht den Rückspiegel.

Was kann man als Leader beitragen, um diese Fernsicht zu geben?

«Fit for the Future» ist ein Mindset, welcher die Mitarbeitenden auch selbst besitzen müssen. Es ist eine Führungsaufgabe, aber auch eine Selbstführungsaufgabe. Talente sollte sich täglich damit auseinandersetzen. Ihnen muss Unterstützung gegeben werden, um sich weiterentwickeln zu können. So können Themen und Bereiche, welche sinnvoll für eine Weiterentwicklung sind, vorgeschlagen werden. Vor allem muss aber Raum gegeben werden, sich mit den Themen beschäftigen u können. «Raum geben» heisst nicht einfach ein Budget absegnen, sondern Platz für den Prozess der Weiterentwicklung lassen. 

Um nochmals auf das Employer-Branding zurückzukommen: Um dem Versprechen eines attraktiven und modernen Unternehmens gerecht zu werden, reicht es nicht, einfach Mitarbeitende an eine Konferenz zu senden. Top Unternehmen sind heutzutage Teil der Tech-Community. Sie sind Teilnehmer, Gastgeber und Partner an Technologieanlässen und prägen diese mit. Genau das ist es, was den Arbeitnehmern wichtig ist: Sie wollen in einem Unternehmen arbeiten, welches sie als Mensch, die gesamte Community und die Zukunft mitgestaltet. Wie die genannten Konferenzen zeigen, gibt es einige gute Unternehmen, die dies vorlegen: Credit Suisse, Keysight, PostFinance, UBS or Wipro.